Die NaturFreunde Internationale sowie die Naturfreundejugend Internationale fordern eine humane europäische Asylpolitik statt weiterer Flüchtlingslager auf dem Territorium der Europäischen Union
Das Fehlen einer klaren europäischen Asylpolitik hat zu einer unmenschlichen Praxis geführt, Flüchtlinge in Lagern in Ländern an den Grenzen der Europäischen Union einzusperren. Theoretisch sollten die Menschen dort auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten, die ihnen die Einreise in die Europäische Union ermöglicht oder – im Falle einer Ablehnung des Antrags – verweigert. Länder wie Griechenland oder Italien sind mit dieser Aufgabe überfordert. Die Folge sind riesige, stark überfüllte Lager mit inakzeptablen Gesundheitsbedingungen und ohne jegliche Perspektiven für die Menschen, die sich dort aufhalten. Es ist seit Monaten bekannt, dass diese Lager eine Art Zeitbombe sind – von einigen Politikern wurde dies auch als abschreckende Maßnahme gegen potenzielle Flüchtlinge bewusst in Kauf genommen.
Eines dieser Lager ist Moria auf der griechischen Insel Lesbos, in dem zuletzt über 12.500 Flüchtlinge untergebracht waren – ein Ort, der für einen längeren Aufenthalt nicht geeignet war, da er weder akzeptable Lebensbedingungen noch Perspektiven für die Zukunft bot. Durch den verheerenden Brand am 8. September 2020 verloren nun mehr als 12.500 Menschen ihre Unterkunft, darunter Kinder, schwangere Frauen und Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Menschen, die wegen unsicherer oder gefährlicher Bedingungen in ihren Ländern geflohen sind und ihre Familien, Freunde und ihr Zuhause verlassen mussten. Menschen, die bereits alles verloren haben, leiden nun unter den Folgen einer gescheiterten Asylpolitik der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten, die den Menschen- und Kinderrechten widerspricht.
Anstatt die Opfer des Brandes zu kriminalisieren, müssen sich alle EU-Mitgliedsstaaten bewusst sein, dass ihr Versagen bei der Verwirklichung eines menschlichen und fairen Verfahrens im Umgang mit Flüchtlingen der Grund für diese traurige Entwicklung ist. Nun sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir die Augen nicht länger verschließen können. Konkrete Maßnahmen sind sofort erforderlich – zur Unterstützung der Flüchtlinge auf Lesbos, aber auch, um in Zukunft noch größere humanitäre Katastrophen zu verhindern. Es ist an der Zeit, Solidarität mit den Menschen zu zeigen, die vor Kriegen, Diktaturen und schrecklicher Armut fliehen, und in Einklang mit unserem Bekenntnis zu einem geeinten und weltoffenen Europa zu handeln.
Viele europäische Städte und einige Mitgliedsstaaten haben bereits erklärt, dass sie einige der jetzt völlig schutzlosen Menschen aus Moria übernehmen werden. Andere haben erklärt, Griechenland bei der Wiedererrichtung eines neuen Lagers zu unterstützen. Beide Maßnahmen sind hilfreich, um den dringendsten Bedürfnissen gerecht zu werden, werden aber die Flüchtlingskrise nicht lösen.
Die NaturFreunde Internationale und die Naturfreundjugend Internationale fordern die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten auf, eine neue menschliche Asylpolitik einzuführen, um weitere Lager mit inakzeptablen Lebensbedingungen und ohne Perspektive für die dort untergebrachten Menschen zu vermeiden.
Eine neue Asylpolitik sollte mindestens die folgenden Eckpfeiler umfassen:
- Ein dezentralisierter Ansatz, der die Angebote verschiedener Städte und Länder annimmt und das Dublin-Regime überwindet. Um Städte und Länder zu motivieren, Flüchtlinge zu übernehmen, sollten die Kosten für die Zeit der Prüfung des Asylantrags aus einem europäischen Asylbudget gedeckt werden. Kommunen, Unternehmen und NGO sollten eingeladen werden, Projekte zur Unterstützung von Flüchtlingen in dieser Vor-Asyl-Phase anzubieten.
- Geeignete Lebensbedingungen für alle Flüchtlinge und obligatorische Angebote für Sprachkurse und andere Trainings, die ihre Fähigkeiten verbessern und ihnen neue Perspektiven entweder für ihr zukünftiges Leben in einem europäischen Land oder – im Falle einer Ablehnung des Asylantrages – für eine Rückkehr in die Heimat bieten.
Die NaturFreunde Internationale (NFI) und die Naturfreundjugend Internationale (IYNF) unterstützen seit vielen Jahren Flüchtlinge auf Augenhöhe. Mit konkreten Projekten fördern wir ihre Integration in die europäische Gesellschaft und wir werden diesen Weg auch in Zukunft fortsetzen.