CETA verhindern – Nein zur Ratifikation des CETA-Vertrags im neuen Deutschen Bundestag

Argumentationspapier zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada

Am 9. September 2017 findet ein bundesweiter dezentraler CETA-Aktionstag statt. Unter dem Motto „CETA stoppen – JEFTA und TiSA stoppen – TTIP endlich entsorgen – Für einen gerechten Welthandel“ will ein breites Bündnis, an dem wir uns NaturFreunde auch aktiv beteiligen, vor der Bundestagswahl auf die neoliberalen Freihandelsabkommen hinweisen und für einen gerechten Welthandel werben. Das gemeinsame Ziel des bundesweiten Aktionstags ist es, Druck auf die Parteien auszuüben, damit sie im neuen Deutschen Bundestag gegen die Ratifizierung des Freihandelsabkommens EU-Kanada (CETA) stimmen.

Der CETA-Vertrag wurde durch das Europäische Parlament bereits beschlossen und den 28 Mitgliedsstaaten der EU zur Ratifizierung zugeleitet. Gerade auch der massive Widerstand gegen die Freihandelsabkommen in mehreren Staaten der Europäischen Union, bei dem viele Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen sind und ihre Forderungen für eine sofortige Beendigung der Verhandlungen eindrucksvoll eingefordert haben, hat im Deutschen Bundestag dazu geführt, dass die derzeitige Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD vor den Bundestagswahlen die Verabschiedung von CETA nicht mehr durchführen wollten. Hier liegt eine Chance für die globalisierungskritische Bewegung, in der wir uns NaturFreunde seit vielen Jahre aktiv einreihen. In den nächsten Wochen müssen wir die Kandidat*innen der Parteien deutlich daran erinnern, dass die überwiegende Mehrheit der bundesdeutschen Wähler*innen diese neoliberalen Freihandelsabkommen ablehnt. Dabei sollten wir von den Kandidat*innen der Parteien klare Aussagen einfordern, ob sie einer Ratifizierung von CETA im Deutschen Bundestag zustimmen würden.

Im Bündnis-Aufruf zum dezentralen Aktionstag wird von den Initiator*innen festgestellt:

„CETA, das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, untergräbt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, ökologische und Verbraucherschutzstandards, soziale Rechte und die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auf EU-Ebene hat das Parlament CETA bereits beschlossen, doch in den meisten EU-Mitgliedsstaaten steht eine Ratifizierung noch aus. So auch bei uns: CETA kann durch Bundestag und Bundesrat noch gestoppt werden.“ (www.ceta-aktionstag.de)

Wo stehen wir beim CETA-Abkommen?

Das Europäische Parlament hat am 15. Februar 2017 dem CETA-Abkommen zugestimmt, nachdem es bereits am 30. Oktober 2016 im Rahmen des EU-Kanada-Gipfels unterzeichnet worden war.

Aufgrund der massiven Proteste gegen die neoliberalen Freihandelsabkommen hat sich die EU-Kommission gezwungen gesehen, beim Gerichtshof der EU (EUGH) ein Gutachten zum Freihandelsabkommen der EU mit Singapur anzufordern, in dem der EUGH klären sollte, ob eine Zustimmung der nationalen Parlamente zu solchen umfassenden Freihandelsabkommen notwendig sei. Dabei hat die EU-Kommission die Frage an den EUGH folgendermaßen formuliert:

„Verfügt die Europäische Union über die erforderliche Zuständigkeit, um das Freihandelsabkommen mit Singapur allein zu unterzeichnen und abzuschließen?
Insbesondere:

  • Welche Bestimmungen des Abkommens fallen in die ausschließliche Zuständigkeit der Union?
  • Welche Bestimmungen des Abkommens fallen in die geteilte Zuständigkeit der Union?
  • Fallen Bestimmungen des Abkommens in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten?“ ( EuGH, Gutachten 2/15, Antrag der Europäischen Kommission, abrufbar unter:eur-lex.europa.eu /Stand: 20. August 2017)

Das Gutachten wurde vom EUGH am 16. Mai 2017 vorgelegt (EuGH, Gutachten 2/15 vom 16. Mai 2017, abrufbar unter: curia.europa.eu / Stand: 20. August 2017). Darin stellte er fest, dass die Zustimmung der Parlamente der Mitgliedsstaaten der EU zu solchen umfassenden Abkommen notwendig sei. Die Europäische Kommission, die immer behauptete, solche Abkommen müssten von den nationalen Parlamenten nicht verabschiedet werden, hat damit – und infolge des Drucks der globalisierungskritischen Bewegung – eine große politische Niederlage erlitten. Das Gutachten ist gerade auch für die NaturFreunde eine Bestätigung ihrer seit Jahren vertretenen Auffassung, dass solche umfassenden Freihandelsabkommen weit in die rechtlichen Belange der verschiedenen demokratischen Ebenen der bundesdeutschen föderalen Struktur eingreifen und es sich bei diesen Abkommen um sogenannte „gemischte Abkommen“ handelt, die deshalb ohne eine Zustimmung von Bundestag und Bundesrat nicht in Kraft treten dürfen.

Diese Rechtsauffassung hatte die derzeitige Bundesregierung nach den großen Protesten ebenfalls übernommen. Es zeigt sich auch an dieser Entwicklung, dass die großen Demonstrationen und die selbstorganisierte Bürgerinitiative „STOP TTIP“ erste deutliche Erfolge erreicht haben. Jetzt gilt es jedoch, diese ersten Erfolge in eine grundlegende Verhinderung von CETA umzusetzen. Die Festlegung des EUGH, dass „gemischte Freihandelsabkommen“ durch die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten ratifiziert werden müssen, gibt den Gegner*innen von CETA auch die Möglichkeit, die Handelnden in Bundestag und Bundesrat konkret zu einer ablehnenden Haltung zu CETA aufzufordern und hier entsprechenden politischen und gesellschaftlichen Druck aufzubauen. Um hier jedoch konkrete Veränderungen in den bisherigen politischen Auffassungen von SPD und einem Teil der Grünen auf Landesebene zu erreichen, muss der gesellschaftliche Druck der letzten Jahre wieder verstärkt werden. Der dezentrale Aktionstag am 9. September 2017 soll hierfür ein erster Auftakt sein.

Kritisch angemerkt muss jedoch werden, dass der EUGH nicht das gesamte Abkommen als „gemischtes Abkommen“ eingestuft hat. Vielmehr hat er in seinem Gutachten festgehalten, dass etwa 90 bis 95 Prozent der Bestandteile von CETA in alleiniges europäisches Recht fallen würden und deshalb auch ohne die Ratifizierung in den Mitgliedsstaaten der EU „vorläufig angewendet“ werden können. Am 13. Oktober 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ebenfalls gefordert, dass bestimmt Teile von CETA von der „vorläufigen Anwendung“ ausgenommen werden müssen (BVerfG, Urteil vom 13. Oktober 2016, 2 BvR 1368/16, Rn. 51 ff., 66 ff.). Nachdem die Bundesregierung dem Ratsbeschluss zur vorläufigen Anwendung von CETA vom 28. Oktober 2016 zugestimmt hatte, urteilte das BVerfG am 7. Dezember 2016, dass sie mit ihrem Beschluss seine Auflagen vom 13. Oktober erfüllt habe (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2016, 2 BvR 1444/16, Rn. 22 ff.).

Damit CETA endgültig in Kraft treten kann, muss es nun von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Deshalb ist im Vorfeld der Bundestagswahl der richtige Zeitpunkt, die Parteien zu ihrer Position zu befragen und ihnen sehr deutlich zu verstehen zu geben, dass eine ablehnende Haltung zur Ratifizierung von CETA für die eigene Positionsfindung zur Bundestagswahl eine wichtige Rolle spielt.

NaturFreunde und Freihandelsabkommen

Wir NaturFreunde haben unsere Positionierung zu den geplanten Freihandelsabkommen auf dem Bundeskongress der NaturFreunde in Nürnberg in dem Beschluss „Freihandelsabkommen stoppen – für eine gerechte Weltwirtschaft“ vorgenommen:

„Die NaturFreunde Deutschlands treten für eine nachhaltige Entwicklung als Alternative zu TTIP, CETA und TiSA ein. Die NaturFreunde wollen mithelfen, die marktkonforme Weltordnung zu beenden und in eine sozialökologische Transformation hin zu einer solidarischen und fairen Weltordnung einzutreten. Die geplanten Freihandelsabkommen bleiben dagegen in der Ideologie des Neoliberalismus, die seit den 1980er Jahren die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zwischen Markt und Demokratie verschiebt, verhaftet."

Mit dem Beschluss haben wir NaturFreunde klar aufgezeigt, dass wir uns nicht grundsätzlich gegen Welthandel, sondern für eine „nachhaltige Entwicklung als Alternative zu TTIP, CETA und TiSA“ einsetzen. Ziel für uns NaturFreunde ist die Durchsetzung einer „solidarischen und fairen Weltordnung“. Wir NaturFreunde stellen uns jedoch klar gegen die Freihandelsdoktrin der klassischen bürgerlichen Ökonomie, die durch die heutigen neoklassischen und neoliberalen Denkrichtungen der bürgerlichen Ökonomie als Grundlage zur Begründung von Freihandelsabkommen weiterentwickelt wurde.

Der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands, Michael Müller, hat am 10. Oktober 2015 bei der Großdemonstration in Berlin, an der 250 000 Menschen teilgenommen haben, ausgeführt:

„Die Abkommen sind ein Angriff auf die Demokratie. Sie nehmen die Demokratie in Geiselhaft der Märkte. Wir wollen aber keine Marktgesellschaft. Doch die Freihandelsabkommen sind eine Fortsetzung der verhängnisvollen Ideologie der Deregulierung, die in die Finanzkrise von 2008 geführt hat.

Unsere Kritik richtet sich nicht nur gegen einzelne Punkte der Abkommen. Sie sind falsch und haben auch nichts mit Freihandel zu tun. Es geht um eine Machtpolitik im Interesse der Banken und Konzerne, ideologisch begründet von Experten, die auch den Finanzkapitalismus zu verantworten haben. Nach Max Weber sind das die Fachleute ohne Hirn und ohne Herz.“ (Michael Müller, Wir müssen die 'kapitalistische Weltrevolution' stoppen, Rede zum Auftakt der TTIP-Demo am 10. Oktober 2015)

Der prominente Politik- und Rechtswissenschaftler Norman Paech, emeritierter deutscher Professor für Politikwissenschaft und für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg, hat zum Thema Freihandel bei einer Rede am Antikriegstag 2016 ausgeführt:

„Der freie Handel ist seit Adam Smith (1723-1790) und David Ricardo (1772-1823) die Leitidee der kapitalistischen Weltwirtschaft, er ist zum Fixstern unseres vielbeschworenen Wertekanons geworden. Er stützt sich auf eine Botschaft, deren Überzeugungskraft bis heute nicht verblasst ist, obwohl ihr ideologischer Charakter seit langem erkannt ist: Er sei das beste Instrument zur Förderung der Ökonomie und des Wohlstandes der am internationalen Handel beteiligten Staaten, und zwar auch der Schwachen.

Das ist grundfalsch, Freihandel fördert vor allem die starken Ökonomien. Denn die Staaten halten immer dann das Banner des Freihandels hoch, wenn ihre Produktion einen Stand erreicht hat, der die internationale Konkurrenz nicht mehr zu scheuen hat.“ (Norman Paech, Freihandel und seine möglichen Folgen, 1.9.2016)

Netzwerk Gerechter Welthandel

Der dezentrale Aktionstag, der auch Alternativen zur herrschenden Freihandelspolitik aufzeigen soll, wird vom Netzwerk Gerechter Welthandel durchgeführt. Im April 2017 haben sich die unterschiedlichen Bündnisse, die in den letzten Jahren gegen die neoliberalen Freihandelsabkommen engagiert waren, zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Unter dem Titel „Netzwerk Gerechter Welthandel“ wollen die Bündnisse ihre bisherige Arbeit bündeln und für eine neue internationale Handelspolitik kämpfen. Ziel des Netzwerkes ist, Protest gegen die neoliberale Freihandelspolitik zu organisieren und eine neue Handelspolitik durchzusetzen.

Gemeinsam haben die Organisationen ein erstes Positionspapier zur Bundestagswahl erarbeitet, in dem sie als zentrale Forderung formulieren:

„Was wir brauchen, ist nicht mehr von der alten Handelspolitik, sondern eine neue Handelspolitik, die soziale und ökologische Leitplanken für die Globalisierung setzt. CETA erfüllt diese Bedingungen nicht.“

In dem Netzwerk sind die Aktivitäten der zivilgesellschaftlichen Bündnisse „TTIPunfairHandelbar“ und des Trägerkreises der bundesweiten Großdemonstrationen „CETA & TTIP STOPPEN! ­ Für einen gerechten Welthandel!“ zusammengeflossen. In den nächsten Jahren sollen in dem Netzwerk Informationen ausgetauscht, gemeinsame Positionen erarbeitet und Aktionen geplant werden. Als erste gemeinsame Aktion wurde für den 9. September 2017 der bundesweite dezentrale Aktionstag gegen CETA ausgerufen. An diesem Tag sollen in möglichst vielen Städten und Kommunen Aktionen gegen CETA organisiert werden, um für eine andere Politik zu demonstrieren.

Für die Aushandlung von Freihandelsabkommen fordern die Organisationen des Netzwerks Gerechter Welthandel in ihrem Positionspapier gemeinsam:

  • „Das Europaparlament muss über das Mandat gleichberechtigt mit dem Rat entscheiden. Bis es zu einer Vertragsänderung kommt, kann dies über eine Vereinbarung zwischen Kommission, Rat und EP geregelt werden („inter­institutional agreement“).
  • Der Bundestag muss die Regierung im Rat stärker kontrollieren und kontroverse Punkte in die Öffentlichkeit tragen. Vor der Mandatserteilung muss es eine öffentliche Anhörung im Bundestag geben.
  • Alle Verhandlungsdokumente inklusive der Mandate müssen von Beginn an öffentlich gemacht werden. Eine dementsprechende Klausel sollte in die Verordnung zum Zugang zu Dokumenten eingefügt werden, die derzeit reformiert wird."

Die NaturFreunde fordern: Eine andere Weltwirtschaft ist notwendig

Wir NaturFreunde gehen über diese gemeinsamen Positionen hinaus. Wir machen in unserer Positionierung deutlich, dass die Ursachen für die Durchsetzung von neoliberalen Freihandelsabkommen in den Grundlagen der heutigen kapitalistischen Weltwirtschaftsordnung liegen. Dazu haben wir NaturFreunde auf dem Bundeskongress in Nürnberg betont:

„Die systematische Zerstörung der peripheren Länder der EU, wie Griechenland oder Portugal, oder das ökonomische Zurückdrängen der öffentlichen Daseinsvorsorge aus fast allen Staaten der EU hat die gleichen Ursachen: Die Mächtigen in den ökonomischen Zentren versuchen, ihre Wettbewerbspositionen gegenüber der Peripherie weiter zu verbessern.“

Ein wichtiger Kritikpunkt ist die Ablehnung der wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik als Grundlage neoliberaler Politikansätze. In unserem Manifest für eine soziale und ökologische Transformation vom Nürnberger Bundeskongress haben wir NaturFreunde festgeschrieben:

„Erneut befinden wir uns in einer großen Transformation. Ursache ist die Herrschaft der Ökonomie über die Gesellschaft. Diese Verselbstständigung der Märkte wurde nicht zuletzt durch die Politik der Deregulierung und Privatisierung ermöglicht. Die Ursache der Transformation ist demnach die Entbettung der Wirtschaft aus gesellschaftlichen Bindungen, die Folge einer Marktgesellschaft. Sie ist ein Angriff auf die Würde und die Humanität der Menschen, vor allem auf ihre sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen.“

Mit dieser grundsätzlichen Position haben wir NaturFreunde uns im Netzwerk Gerechter Welthandel für die Ausformulierung von Mindeststandards bei Freihandelsabkommen eingesetzt. Im Rahmen der Konsensfindung einigten sich die in diesem Netzwerk zusammengeschlossenen Organisationen auf folgende Mindestbedingungen:

  • „Beim Abschluss von Handelsabkommen sollen Mindeststandards in verschiedenen Bereichen vereinbart werden. So wird die Handelspolitik ein Instrument, um ökologische, soziale und menschenrechtliche Standards weltweit nach oben zu schrauben. Verbindliche Vorgaben mit Durchsetzungsmechanismen zur Steuerkooperation, zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und der ILO Kernarbeitsnormen müssen zur Vorbedingung von Handelsabkommen gemacht werden.
  • Die schwachen Nachhaltigkeits­Kapitel bisheriger Abkommen sollen sich dem zwischenstaatlichen Streitschlichtungsmechanismus von Handelsabkommen unterwerfen und die Vorgaben verbindlich sein.
  • Eine regulatorische Kooperation, wie vorgesehen in TTIP und CETA, ist gefährlich. Entscheidungen können so am Gesetzgeber vorbei getroffen werden. Deshalb braucht es einen neuen Ansatz: Standards können nur dann angeglichen werden, wenn sich der Handelspartner mit den niedrigeren Standards dem mit den höheren anpasst.“

Wir NaturFreunde haben auf dem Nürnberger Bundeskongress aufgezeigt, dass die bisherige Regierungspolitik korrigiert werden muss. Wir haben im Beschluss „Freihandelsabkommen stoppen – für eine gerechte Weltwirtschaft“ formuliert:

„Richtig ist: Die Globalisierung braucht Gestaltung. Die alte nationalstaatliche Politik ist längst an ihre Grenzen geraten. Die EU sollte die Leitidee der Nachhaltigkeit vertreten, von der sie so gerne redet. Das tut sie aber nicht. Selten hat die Politik so versagt wie bei der Freihandelspolitik [...]“

Deshalb haben wir NaturFreunde in sechs Kernforderungen unsere Kritik an Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA klar formuliert:

„Wir wollen keine Wirtschafts-NATO. Nicht die marktkonforme Demokratie, sondern die Idee des Wohlfahrtsstaates ist eine zentrale Grundlage westlicher Partnerschaft.
Wir kritisieren die zunehmende Verschiebung unseres Landes von einer demokratischen Republik zu einer ökonomischen Republik. Aus unserer Sicht muss die transatlantische und künftig globale Handelsarchitektur eine öffentliche und keine private Angelegenheit sein.
Wir sehen mit Sorge die Aushebelung nationaler Souveränität. Die Demokratie baut auf Souveränität auf, sie darf nicht durch ein ökonomisches Interessenregime eingeschränkt werden.
Für das Gemeinwohl und die Chancengleichheit sind öffentliche Güter unverzichtbar. Sie müssen gestärkt und dürfen nicht ausgeplündert werden.
Die Paralleljustiz schafft einen Staat im Staate. Zur Demokratie gehört eine unabhängige Gerichtsbarkeit, deren Grundlagen demokratisch gefasste Gesetze sind, die nicht von privaten Interessen bestimmt werden.
Die Staaten des globalen Südens werden noch weiter abgehängt. Der Freihandel darf nicht durch eine ökonomische Machtkonzentration zu Abschottungen und Ausgrenzungen führen.“

Wir NaturFreunde verteidigen mit unserem Widerstand gegen die neoliberalen Freihandelsabkommen den Kernbestand staatlichen Handelns. Hierbei können wir uns dem Fazit der Studie „Recht auf Profit?“ von medico international und dem Forum Umwelt und Entwicklung anschließen:

„Eine Kernaufgabe staatlichen Handelns muss darin bestehen, die unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereiche einschließlich des Sozialwesens, aber auch das Wirtschaftssystem und das unternehmerische Handeln am Markt zu steuern.“ (Kathrin Hartmann, Medico international/Forum Umwelt und Entwicklung (Hrsg.), Recht auf Profit? - Wie Investitionsschutz- und Freihandelsabkommen Armut, Hunger und Krankheit fördern, September 2016, S. 25 abrufbar unter www.forumue.de)

Die NaturFreunde beteiligen sich aktiv am bundesweiten dezentralen Aktionstag am 9. September 2017

Wir NaturFreunde werden deshalb am 9. September 2017 versuchen, für eine andere Weltwirtschaftsordnung zu werben. Bei unserem Widerstand gegen TTIP und CETA geht es aber auch um die Frage, welche Kompetenzen demokratisch gewählte Parlamente in Zukunft behalten werden. Unser Ziel ist deshalb auch, die Demokratie vor der Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche zu verteidigen.

Dies findet sich auch im Aufruf des Netzwerks Gerechter Welthandel zum bundesweiten dezentralen Aktionstag am 9. September 2017 wieder:

  • „Gerechte Welthandelspolitik muss Wahlkampfthema sein!
  • Die Positionen der Parteien zu CETA & Co müssen ein Wahlkriterium sein!
  • Macht mit beim CETA-Aktionstag am 9. September!

Abkommen wie mit den USA (TTIP), Kanada (CETA), Japan (JEFTA) und zum Dienstleistungsbereich (TiSA) sind Symptome einer falschen Wirtschafts- und Handelspolitik. Wir brauchen weder diese Freihandelsabkommen, noch eine Politik, die lediglich den Interessen der Konzerne folgt. Was wir brauchen, ist ein soziales und ökologisches Wirtschaften und eine darauf beruhende gerechte Handelspolitik. Doch die EU-Kommission und die Regierungen machen unbeirrt weiter wie bisher: Hinter verschlossenen Türen werden über 20 weitere Freihandelsabkommen vorangetrieben. Ihre Wirtschafts- und Handelspolitik arbeitet für die Kapitalinteressen großer Konzerne, aber gegen die Interessen der Bevölkerung. Das ist eine Politik, die auch rechte und rückwärtsgewandte Strömungen nährt.

Millionen Menschen haben nicht nur gegen CETA, TTIP & TiSA ihre Stimme erhoben, sondern auch Alternativen eingefordert. Sie machen diese intransparente und undemokratische Handelspolitik nicht mehr mit und wollen diese Politik auch nicht mehr wählen. Es ist Aufgabe der demokratischen Parteien, diesen Willen umzusetzen und einen Politikwechsel herbeizuführen. Das fordern wir ein.

Wir sind Teil einer transnationalen, solidarischen Bewegung. Gerade die Länder des globalen Südens werden durch Handelsabkommen ausgenutzt und ausgegrenzt. Weltweit gehen die Menschen für eine soziale und ökologische Regulierung der Globalisierung, für einen gerechten Welthandel auf die Straße. Und wir sind auf einen lange andauernden Widerstand eingestellt.”

Wir NaturFreunde Deutschlands werden uns deshalb am 9. September 2017 an den zahlreichen Aktionen während des bundesweiten dezentralen Aktionstags beteiligen.

Die Aktionskarte zu den Aktionen am 9. September findet ihr unter: www.ceta-aktionstag.de

Autoren

  • Uwe Hiksch, Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschlands, hiksch@naturfreunde.de, (0176) 62 01 59 02
  • David Geier, Beauftragter für Freihandelspolitik der NaturFreunde Deutschlands. geier@naturfreunde.de