Ein fatales Signal an Kinder und Jugendliche

Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ist wieder einmal gescheitert

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Die Kinderrechte werden auch in diesem Jahr nicht im Grundgesetz verankert. Zwar hatte die Regierungskoalition dieses Vorhaben bereits in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, doch dann scheiterte die Einigung zwischen den Bundestagsfraktionen. Für die Grundgesetzänderung wäre eine Zweidrittelmehrheit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat nötig gewesen. Im Juni galt der Prozess dann als gescheitert. Dabei wird die Diskussion um die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nun schon seit fast 30 Jahren geführt. 1992 war die UN-Kinderrechtskonvention auch in der Bundesrepublik in Kraft getreten. Die Kinderrechte folgen vier Grundprinzipien: dem Diskriminierungsverbot, dem Recht auf Leben und persönliche Entwicklung, dem Kindeswohlvorrang und dem Beteiligungsrecht. Sie haben in Deutschland bisher nur den Rang eines einfachen Bundesgesetzes und sollten durch die Verankerung im Grundgesetz weiter gestärkt werden.

Es fehlt ein umfassendes Beteiligungsrecht

Das Scheitern lag auch daran, dass der Vorschlag der Bundesregierung vielen nicht ausreichte. Zum Teil blieb er sogar hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurück. So beschränkte sich der Vorschlag darauf, dass Kindern und Jugendlichen rechtliches Gehör geschenkt wird. Was hingegen fehlte, war die Verankerung eines umfassenden Beteiligungsrechtes,  sodass die Meinung des Kindes auch in alltäglichen Bereichen und bei staatlichen Entscheidungen berücksichtigt werden muss.

„Die Partizipation von Kindern und Jugendlichen ist ein grundlegender Baustein für die gesellschaftliche Zukunft“, sagt Sina Franz, Bundesleiterin der Naturfreundejugend Deutschlands. „Wir fordern die sofortige Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz mit einer Verankerung umfassender Beteiligungsrechte.“ Insbesondere die Verankerung umfassender Beteiligungsrechte wäre ein wichtiges Signal an Kinder und Jugendliche gewesen, die an politischen Entscheidungen oft so gut wie gar nicht beteiligt werden. Dies zeigen die unfruchtbaren Debatten zur Absenkung des Wahlalters sowie die kaum vorhandene Beachtung der Interessen von jungen Menschen in der Corona-Pandemie.

Allerdings findet die Naturfreundejugend Deutschlands, dass eine Änderung des Grundgesetzes allein nicht ausreicht, um eine Partizipation von Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen. Politik, Verwaltung und Gesellschaft müssen Beteiligung auch in der Praxis organisieren.

Freiräume für Mitbestimmung schaffen

Handbuch für Projekte der politischen Partizipation am Beispiel des Kindergipfels der Naturfreundejugend:
www.naturfreundejugend.de/go/handbuch_kindergipfel

Dabei sollten Kinder so früh wie möglich an demokratische Strukturen herangeführt werden. Wie dies aussehen kann, lebt die Naturfreundejugend Deutschlands schon lange vor. Zum Beispiel bei Kinder- und Jugendfreizeiten: Hier schaffen die meist selbst noch jungen Teamer*innen erste Freiräume für Mitbestimmung. Die Teilnehmenden gestalten das Programm mit, organisieren eigene Aktivitäten und politische Aktionen. Sie stellen Regeln für den Umgang miteinander auf, unterstützen sich gegenseitig beim Kochen, Abwaschen oder beim Zeltaufbau und lernen, sich in der Gruppe zu organisieren. Diese Kommunikation und Entscheidungsfindung fördert ein Verständnis für demokratische Strukturen und stärkt Kinder und Jugendliche für gesellschaftliche Mitbestimmung.

Oder auf dem Kindergipfel der Naturfreundejugend: Dort wird die im Alltag erlebte Beziehung von Kindern und Jugendlichen zu Erwachsenen auf den Kopf gestellt. Denn es gilt das Motto „Kinder reden, Erwachsene hören zu“. Die jungen Menschen geben die richtungsweisenden Impulse, die Naturfreundejugend hilft nur bei der Umsetzung. Sie erhalten so die Möglichkeit, selbst politisch aktiv zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Politiker*innen, die als Gäste eingeladen werden, sind oft beeindruckt davon, wie ernsthaft und engagiert sie sich für wichtige Zukunftsthemen einsetzten.

Demokratie lebt vom Engagement aller, weshalb Mitbestimmung eine Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaft ist. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sollte deshalb eine große Bedeutung haben. Es wird sich noch zeigen, ob die im September neu zu wählende Bundesregierung es endlich schafft, die Weichen umzustellen. Kinderrechte und Beteiligungsrechte müssen im Grundgesetz verankert, aber auch im Alltag gelebt und umgesetzt werden.

Lina Mombauer