Ein Beschluss des Bundesausschusses der NaturFreunde Deutschlands
„Antifaschistische Politik darf ihre zentrale Aufgabe nicht erst in der Bekämpfung eines bereits etablierten Faschismus sehen, sondern muss sich zum Ziel setzen, die Etablierung des Faschismus zu verhindern. Da der Faschismus nicht über Nacht aus dem Nichts kommt, bedeutet Verhinderung des Faschismus hier und heute die Bekämpfung und Blockierung jedweder Entwicklungen zum Faschismus.“ - Reinhard Opitz
Solidarität ist unteilbar!
Die NaturFreunde sind seit ihrer Gründung aktiv in Initiativen gegen Nationalismus, Antisemitismus und Revanchismus. Sie engagieren sich in Bündnissen und streiten für eine interkulturelle Gesellschaft ohne Ausgrenzung. Die NaturFreunde treten für offene Grenzen für Menschen in Not ein. In großen Teilen der Europäischen Union haben rechtspopulistische, nationalistische und faschistische Parteien und Bewegungen Zulauf. Mit rassistischen, völkischen und migrationsfeindlichen Äußerungen schüren sie Hass in der Gesellschaft und liefern als geistige Brandstifter den argumentativen Nährboden für die Entsolidarisierung der Gesellschaft. Rechte Hetze und Terror stellen eine immer größer werdende Gefahr dar. Angriffe auf Menschen mit Migrationshintergrund und antirassistische und linke Einrichtungen nehmen zu. Immer mehr Menschen werden aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung belästigt und angegriffen. Sie werden angegriffen, weil sie nicht in das Weltbild von Rechten passen.
Gerade auch die deutsche Geschichte lehrt uns: Wehret den Anfängen. Schon einmal haben Demokrat*innen und die politische Linke die Entwicklung des Faschismus unterschätzt und haben nicht verhindern können, dass sich rechte und faschistische Parteien und Bewegungen innerhalb kürzester Zeit durchsetzen konnten. Die Folgen waren der millionenfache Mord an Menschen jüdischen Glaubens, Angehörigen der Sinti- und Roma-Gemeinschaften, Menschen mit Beeinträchtigungen, Demokrat*innen und politischen Linken und vieler anderer Verfolgter. Dieser nationale und völkische Größenwahn führte die Welt in einen verheerenden Weltkrieg.
Die NaturFreunde stellen sich seit ihrer Gründung vor 125 Jahren gegen jeden nationalistischen, völkischen und rechtspopulistischen Wahn. Für uns NaturFreunde ist klar: Kein Mensch darf auf Grund von Hautfarbe, Herkunft, eigener Geschlechtsidentität, Religionsangehörigkeit oder sexueller Orientierung diskriminiert werden. Dies ist eine der Grundüberzeugungen unseres Verbandes. Die NaturFreunde laden alle Menschen ein, die sich für eine solidarische und diskriminierungsfreie Gesellschaft engagieren wollen, sich gemeinsam mit uns NaturFreunden für eine solidarische Veränderung einzusetzen.
Die NaturFreunde nehmen nicht hin, dass von Rassist*innen Wohnungen und Unterkünfte von Geflüchteten angegriffen werden, islamfeindliche Übergriffe zunehmen, an vielen Orten fremdenfeindliche und rassistische Demonstrationen stattfinden, gegen Geflüchtete und Muslim*innen gehetzt wird, Vorurteile geschürt werden. Gemeinsam mit vielen Initiativen und Verbänden machen wir NaturFreunde deutlich: Solidarität ist unteilbar!
NaturFreunde für eine soziale und solidarische Gesellschaft
Die NaturFreunde haben bereits in ihrer Satzung geregelt, dass sie an der Schaffung einer Gesellschaft mitarbeiten wollen, „in der niemand seiner Hautfarbe, Abstammung, politischen Überzeugung, seines Geschlechts, sexueller Orientierung oder Glaubens wegen benachteiligt oder bevorzugt wird und in der alle Menschen gleichberechtigt sind und sich frei entfalten können.“ Als einer der wichtigen Zwecke haben die NaturFreunde „die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens“ verankert. Deshalb treten die NaturFreunde für „die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens durch Mitgliedschaft in der Naturfreunde Internationale und Mitwirkung zum Beispiel bei grenz-übergreifenden Projekten“ ein.
Im Rahmen ihrer Arbeit wollen sich die NaturFreunde für eine Veränderung der Gesellschaft einsetzen:
- Die NaturFreunde beteiligen sich aktiv an der Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ und werden sich in die Aktionen und Seminare der Kampagne einbringen. Sie beteiligen sich weiterhin an den Bündnissen „#unteilbar“ sowie „Bunt statt Braun“ und organisieren gemeinsam mit antifaschistischen und antirassistischen Bündnissen Veranstaltungen und Proteste gegen rechte Aufmärsche.
- Weiterhin werden die NaturFreunde in ihrer Bildungsarbeit über Hintergründe rechter Strukturen aufklären und Möglichkeiten für das Engagement gegen rechts aufzeigen. Die NaturFreunde werden in Zusammenarbeit mit der Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ Ausbildungen zu „Stammtischkämpfer*innen“ anbieten und damit Interessierten die Möglichkeit bieten, sich argumentativ auf gesellschaftliche Diskussionen in Vereinen, Familien und im Bekanntenkreis vorzubereiten.
- Unsere Räumlichkeiten, Häuser und Einrichtungen sind offene Begegnungsräume für interkulturellen Austausch. Sie bieten Schutz vor Verfolgung und Diskriminierung. In unseren Räumlichkeiten und Veranstaltungen ist kein rassistisches, chauvinistisches und völkisches Gedankengut willkommen. Die häuserbesitzenden Gliederungen beteiligen sich deshalb an Kampagnen wie zum Beispiel „Respekt! Kein Platz für Rassismus!“ der IG Metall. Sie bringen das entsprechende Schild an ihren Häusern an.
- Gemeinsam mit den Ortsgruppen und Landesverbänden entwickeln die NaturFreunde integrative und interkulturelle Ansätze weiter, um unsere Angebote noch mehr als bisher für Menschen mit Migrationshintergrund zu öffnen.
- Die NaturFreunde wollen ihre geschichtspolitische Arbeit erweitern und die Verfolgung und Repression von NaturFreund*innen in der Zeit des Faschismus aufarbeiten. Mit Gedenkveranstaltungen, wie zum Beispiel dem jährlichen Gedenken an Georg Elser, wollen die NaturFreunde antifaschistische Geschichte für die nächsten Generationen lebendig erhalten.
- Im Rahmen ihrer sportlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten werden die NaturFreundeihre Arbeit für und mit Geflüchteten weiterhin fortsetzen und nach Möglichkeit weitere Angebotsformate entwickeln.
- Gemeinsam mit anderen Initiativen und Verbänden werden die NaturFreunde durch Informationen und Veranstaltungen über die Gefahren von Rechtspopulismus und Rassismus aufklären und informieren.
- Die NaturFreunde werden gemeinsam mit der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) Informationsveranstaltungen über rechtspopulistische und faschistische Einflüsse im Natur- und Umweltschutz durchführen.
- In allen Bündnissen und Initiativen mit anderen Organisationen, in denen die NaturFreunde mitarbeiten, werden wir uns dafür einsetzen, dass Vertreter*innen der AfD nicht eingeladen werden. In Bündnissen in denen rechtspopulistische Initiativen, Parteien oder Organisationen offiziell teilnehmen können, werden sich die NaturFreunde nicht beteiligen.
- Mitglieder und Funktionäre von rechtspopulistischen und faschistischen Parteien, wie zum Beispiel der AfD, werden nicht zu NaturFreunde-Veranstaltungen eingeladen. Die Positionen der AfD und vergleichbarer rassistischer Organisationen sind unvereinbar mit den Grundsätzen und der Satzung der NaturFreunde.
- Die NaturFreunde bekräftigen die Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Mitgliedschaft bei den NaturFreunden und in der AfD oder in anderen Organisationen mit fremdenfeindlichen und rassistischen Positionen.
- Durch Informationen werden wir NaturFreunde dazu beitragen, Menschen immun gegen rechte Gesellschaftsentwürfe, völkische Ideologien und die zunehmenden Verschwörungstheorien zu machen.
Gemeinsam gegen rechts – für eine solidarische Gesellschaft
Die NaturFreunde stellen sich den reaktionären und rassistischen Positionen der neurechten Gruppen entgegen. Mit ihren antifeministischen Positionen, ihrer „Heim-und-Herd“-Ideologie, ihrem völkischen Nationalismus und ihrem rückwärtsgerichteten Gesellschaftsbild stellen diese Gruppen die Erfolge und Forderungen der Aufklärung und ihrer Kämpfe für eine aufgeschlossene, interkulturelle Gesellschaft infrage. Seit ihrer Gründung stellen sich die NaturFreunde in die Tradition der Aufklärung und des solidarischen Humanismus.
Wir NaturFreunde engagieren uns für die gerechte Gestaltung der Globalisierung. In diesem Sinne werben wir für eine Verbindung von sozialen Kämpfen und antirassistischer Arbeit. Gemeinsam mit Sozialverbänden, antirassistischen Initiativen und Gewerkschaften wollen wir Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenführen und gemeinsam für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft eintreten. Innerhalb der NaturFreunde bieten wir Räume für interkulturellen Austausch und gesellschaftliche Diskurse.
Städte und Regionen der Toleranz und Teilhabe weiterentwickeln
Die NaturFreunde unterstützen Diskussionen und Bestrebungen von postkolonialen und antifaschistischen Initiativen, eine kritische Überprüfung bestehender Namensgebungen von Gebäuden, Straßen und Plätzen auf militaristischen, nationalistischen, rassistischen, diskriminierende und kolonialen Charakter durchzuführen.
Ausdrücklich unterstützen wir Bestrebungen in den Städten und Gemeinden über militaristische, rassistische und chauvinistische Namensgeber*innen von Straßen und Plätzen zu diskutieren und werben für eine konsequente antinationalistische, antirassistische, antidiskriminierende und antikoloniale Neu- und Umbenennungspolitik für solche Gebäude und Straßen. Die NaturFreunde werden sich mit Informationsveranstaltungen und inhaltlichen Angeboten an diesen Diskursen beteiligen.
Wir NaturFreunde unterstützen Bestrebungen, dass bei der Vergabe von Straßennamen Persönlichkeiten berücksichtigt werden, die sich aktiv gegen Krieg, Faschismus, Rassismus oder Kolonialismus engagiert haben.
Deswegen setzen sich die NaturFreunde dafür ein, dass Ausgrenzung durch Armut verhindert wird. Zu weltoffenen, toleranten Städten und Gemeinden gehört auch, dass sie sich ökologisch, menschenfreundlich und sozial weiterentwickeln.
Für uns NaturFreunde gilt: Faschismus ist keine Meinung – sondern ein Verbrechen!
Schon einmal hat in Deutschland der Faschismus an der Macht gewütet, weil die Demokrat*innen den Anfängen nicht konsequent entgegengetreten sind. Damit dies niemals mehr geschehen kann, werden sich die NaturFreunde aktiv gegen jegliche Form von Diskriminierung und Benachteiligung von Menschen engagieren. „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!“ lautete der Schwur der Überlebenden von Buchenwald. Dieser Schwur ist für uns NaturFreund*innen Mahnung und Verpflichtung.
Verabschiedet am 30. April 2020 vom Bundesausschuss der NaturFreunde Deutschlands.