Der senegalesische NaturFreund Mamadou Mbodji fordert mehr Mitgefühl für Migranten
Der Senegalese Mamadou Mbodji ist Vizepräsident der NaturFreunde Internationale (NFI) und Präsident des afrikanischen NaturFreunde-Netzwerkes RAFAN. Bei seinem Besuch in Berlin konnte die Redaktion der NATURFREUNDiN ein Gespräch mit ihm führen.
NATURFREUNDiN: Kennst du afrikanische NaturFreunde, die nach Europa geflüchtet sind?
Mamadou Mbodji: Bisher sind mir keine bekannt. Ich glaube aber auch nicht, dass echte NaturFreunde angesichts der für Flüchtlinge katastrophalen Umstände migrieren würden.
Warum verlassen so viele Afrikaner ihre Heimat und wandern nach Europa?
Da gibt es sicherlich mehrere Gründe: Neben den schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen, der politischen Instabilität mit vielen endlosen Konflikten und der Verfolgung Andersgläubiger ist die Erderwärmung einer der Hauptgründe um „fortzugehen“. Die lokalen Lebensumstände hängen stark vom Klima ab und haben sich in den letzten Jahrzehnten teils dramatisch verschlechtert. Die Migration ist sozusagen nur eine Art Reaktion auf diese Probleme.
Wie können deutsche NaturFreunde helfen, die Lebensumstände in Afrika zu verbessern?
Zuerst sollten die heimischen Regierungen gedrängt werden, das Zwei-Grad-Ziel wirklich zu verfolgen und einzuhalten. Dann sollten kommunale Klimapartnerschaften unterstützt werden – in Zusammenarbeit mit afrikanischen NaturFreunden, die die Kontakte zu afrikanischen Kommunen haben. Dann sollte sich auch jeder persönlich für den Einsatz von erneuerbaren Energien einsetzen, zum Beispiel in der Nachbarschaft oder beim Arbeitgeber.
Glaubst du, dass sich die „Festung Europa“ dauerhaft gegen Flüchtlinge abschotten kann?
Ich glaube, dass diese Bunkermentalität, diese militarisierten Grenzen keine echte Lösung sind. So lange die afrikanische Bevölkerung in Angst und ohne Hoffnung auf ein besseres Leben vor Ort lebt, werden sie über das Mittelmeer flüchten. Auch wenn einige nur ein „blaues Grab“ finden, werden doch viele ihr „gelobtes Land“ erreichen. Europa muss jetzt in den Schutz von Natur und Umwelt in Afrika investieren, schließlich hat Europa diese gewaltige Klimaschuld gegenüber dem Süden. Aber weder Europa noch Afrika alleine können die Situation in den Griff bekommen. Das geht nur gemeinsam, Hand in Hand. Sonst wird die massive Flüchtlingsbewegung völlig aus dem Ruder laufen und Frieden und Stabilität auf der Welt bedrohen.
Was erwarten Afrikaner von den Europäern?
Wer aus welchen Gründen auch immer gezwungen wird, seine Heimat, seine Kultur zu verlassen, braucht Nachsicht und Mitgefühl. Und keine Stigmatisierung oder gar gewalttätige Übergriffe. Das mindeste ist die moralische Unterstützung. Um irgendeine Art von Klimagerechtigkeit zu schaffen, müssen Klimaflüchtlinge endlich auch als solche anerkannt werden. Sie sollten ein Recht auf Asyl haben und vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) anerkannt werden.
Mamadou Mbodji: mamadou.mbodji@nf-int.org
Das Interview führte Samuel Lehmberg
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der NATURFREUNDiN 3-2015