Zu der von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig angestoßenen Debatte über eine Straßenabgabe erklärt der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller:
Torsten Albig hat zum falschen Zeitpunkt eine kritikfähige Antwort auf eine richtige Frage gestellt: Wer bezahlt die überfällige Erneuerung der Infrastruktur in Deutschland? Albigs Antwort ist schon deshalb umstritten, weil sie nicht zu den Aussagen seiner Partei, der SPD, passt, die im Bundestagswahlkampf eine Maut für PKW abgelehnt hatte. Zudem hat eine gleiche Abgabenhöhe für alle nichts mit dem Gerechtigkeitsgedanken zu tun, der die unterschiedlichen Fahrzeuggrößen und Fahrleistungen berücksichtigen muss. Und unter ökologischen Zielen hat eine solche Abgabe keine Lenkungsfunktion. Dann wäre beispielsweise eine Differenzierung zwischen Sprit schluckenden SUV und umweltschonenden Sparmobilen angebracht gewesen.
In den letzten Jahren wurde der öffentliche Sektor immer stärker zusammengekürzt
Alles das berücksichtigt Albigs Vorschlag nicht. Aber das bedeutet nicht, dass die Grundfrage falsch ist, nämlich wie es zu einer Erneuerung der Infrastruktur kommt? Das betrifft nicht nur die Verkehrswege, sondern auch die Finanzierung der öffentlichen Verkehrssysteme, einer modernen Digitalisierung, der Energieversorgung oder auch der Entsorgung. In den letzten zwei Jahrzehnten wurde der öffentliche Sektor immer stärker zusammengekürzt, die Investitionsquote wurde massiv nach unten gefahren, die notwendigen Erneuerungen sind unterblieben. Deshalb sehen beispielsweise viele Straßen aus wie Flickenteppiche.
Die Reaktionen auf Albigs Vorschlag sind taktisch: Antworten, die für den Stammtisch, nicht aber für eine ernsthafte Debatte über ein ernsthaftes Problem geeignet sind. Die aber wäre dringend notwendig. Es gibt viele Vorschläge, um die öffentlichen Einnahmen zu erhöhen, die zugleich mehr Gerechtigkeit verwirklichen. Leider hat Albig die nicht vorgetragen, so dass es den üblichen Populisten leicht gemacht wurde, mit den sattsam bekannten Schnellschüssen die Debatte gleich ins falsche Fahrwasser zu lenken.
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