Warum Berliner NaturFreunde einen Indoortauschmarkt organisieren
Es ist Sonntag. Trotzdem hat die Geschäftsstelle der NaturFreunde Berlin geöffnet. Mitglieder sind gekommen und Nachbarn aus dem Kiez. Manche haben Kuchen dabei, andere selbst gebackenes Brot. Kaffee gibt es auch.
Doch ein Kaffeekränzchen ist das hier nicht. Die Berliner haben ihre Räumlichkeiten zu einem „Indoortauschmarkt“ umgebaut, in dem allerlei zum Tausch angeboten wird. Das sieht zuerst ein wenig nach Flohmarkt aus: Es gibt natürlich die obligatorischen „Klamotten“, Bücher und Musik, aber dazwischen auch immer wieder selbst Gemachtes. Einer hat sogar Honig mitgebracht.
Stressfrei & unterhaltend
Verkauft wird hier allerdings nichts. „Tauschen statt kaufen“ ist die Devise. Und die erweist sich als ziemlich kommunikativ. Die „Tauscher“ kommen schnell ins Gespräch. Es wird anprobiert, vorgeführt und begutachtet. Ganz anders als im Shoppingcenter: stressfrei, unterhaltend und ressourcenschonend. Der schöne Hosenanzug, der der Besitzerin nicht mehr passt und noch wie neu aussieht, ist bei der Nachbarin jedenfalls besser aufgehoben als in einer Kleidertonne.
Deren Inhalt wird oft nach Afrika exportiert. Dort überschwemmt billige Secondhandware die Märkte und zerstört regionale Produktions- und Handelsstrukturen. Selbst wenn inzwischen der Handel mit Secondhandware manchem Einheimischen ein neues Einkommen ermöglicht, wären Investitionen in eine landeseigene Textilproduktion der bessere Weg. Auch darüber wird beim Tauschen geredet.
Berliner wollen „fair handeln“
Eingebettet ist der Tauschmarkt in die Berliner Veranstaltungsreihe „fair handeln“. Dabei geht es insbesondere um das Aufzeigen von Alternativen zur alltäglichen Wegwerf- und Konsummentalität. Mitglieder und Nachbarschaft haben diese Initiative sehr positiv aufgenommen.
Die NaturFreunde Berlin wollen deshalb den Tauschmarkt erweitern. Ein begleitender Workshop wird jeweils ein Thema „jenseits vom Konsum“ vertiefen. Im April soll es um das Teilen gehen, schließlich sind die Berliner NaturFreunde mit ihrer Kampagne „Ticketteilen“, die Mitfahrgelegenheiten im öffentlichen Nahverkehrs anbietet, sozusagen Experten auf diesem Gebiet. Tauschen und Teilen verbinden und schaffen Freiraum und Perspektiven für Neues.
Judith Demba
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 1-2015.