TTIP, CETA, TiSA und die schlafmützigen Medien

Der Protest geht über die aktuell enthüllten Verhandlungsinterna hinaus

Die Berichterstattung über die großen Protestveranstaltungen gegen die geplanten Freihandelsabkommen sei dürftig, kritisiert Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands. Es stelle sich die Frage, welche Prioritäten in den Redaktionen gesetzt werden. Michael Müller:

Am 10. Oktober 2015 fand mit 250.000 Teilnehmern eine der größten Demonstrationen in Berlin überhaupt statt und am 23. April 2016 mit fast 90.000 Teilnehmern eine der größten Protestveranstaltungen in Hannover. Beide Male ging es um ein Nein zu den geplanten Freihandelsverträgen CETA (EU/Kanada), TTIP (EU/USA) und TiSA (Dienstleistungen) und beide Male war die Berichterstattung in den Medien dürftig und randläufig. Es wurden Stimmungen wiedergegeben und einzelne Demonstranten befragt, aber kaum über die Inhalte berichtet. Die Reden auf den großen Bühnen tauchten in den Berichten so gut wie gar nicht auf.

Vieles erinnert an den Beginn der Friedensbewegung in den 80er-Jahren
Deshalb haben viele Menschen den Eindruck, dass die Medien den Protest nicht ernst nehmen. Auf jeden Fall war die Berichterstattung unzureichend. Vieles erinnert an den Krefelder Appell, den Beginn der Friedensbewegung in den 80er-Jahren. Damals wurden die Proteste auch lange Zeit nicht ernst genommen, bis es zur größten Demonstration auf den Bonner Hofgartenwiesen überhaupt kam.

Nun hat Greenpeace einige TTIP-Dokumente veröffentlicht. Das wurde sofort zur Top-Meldung der Medien, obwohl ein Großteil der enthüllten Informationen bereits auf den Demonstrationen gegen die Freihandelsabkommen vorgetragen worden war. Es stellt sich die Frage, welche Prioritäten in den Redaktionen gesetzt werden.

Die TTIP-Kritik richtet sich gegen den Deregulierungswahn zulasten der Demokratie
Die Kritik der Anti-TTIP-Bewegung geht weit über die aktuell enthüllten Verhandlungsinterna hinaus. Die TTIP-Gegner stellen die geplanten Abkommen in einen Zusammenhang mit der gescheiterten Deregulierungsideologie der letzten Jahrzehnte, die zu gewaltigen Machtverschiebungen in der Gesellschaft geführt hat – und zu weiteren führen wird, wenn sich Obama, Merkel & Co. mit den geplanten Freihandelsabkommen durchsetzen.

Natürlich braucht die Globalisierung neue Antworten, doch die alten Ideologien der Deregulierung – auch wenn sie in einem neuen Gewand daherkommen – können es nicht sein. Die geplanten Abkommen haben selbst mit der klassischen Freihandelstheorie, die schon für sich gesehen schwach genug ist, wenig zu tun. Sie sind rückwärtsgewandt und fixiert auf eine Machtpolitik, die zulasten von Souveränität und Demokratie geht.

Warum wird die Leitidee der Nachhaltigkeit immer noch nicht ernst genommen?
Warum wird die Leitidee der Nachhaltigkeit, die 1992 einstimmig von der Weltgemeinschaft zur Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemacht wurde, immer noch nicht ernst genommen?

CETA, TTIP und TiSA sind die Fortsetzung der alten, niedergehenden Welt. Die Medien müssen sich fragen lassen, wo sie stehen. Die Berichterstattung über die Proteste gegen die Freihandelsabkommen haben gezeigt, dass auch in den Redaktionen noch viel passieren muss, um auf die Höhe der Zeit zu kommen.
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