Der bildende Künstler Otto Beer (65) arbeitet bevorzugt mit der Kettensäge und ist seit 40 Jahren Mitglied in der Ortsgruppe Ludwigsburg.
Otto, was motiviert dich zu deinem Engagement gegen Rechts?
Otto Beer: Für mich war es immer eine klare Sache, dass man etwas tun muss, damit sich der Faschismus nicht wiederholt. Vor ein paar Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass eine Partei wie die AFD wieder möglich ist, dass es Pegida gibt, dass Politiker wie Trump, Orban, Erdogan oder Salvini Regierungsämter bekommen, dass da wieder Angst und Hass geschürt werden.
Und immer gegen die Schwächsten.
Ja, und was ich ganz problematisch finde: Es führt zu einem Verlust an Empathie. Es ist ja auch so: Vom Klimawandel über die ungerechte Verteilung auf der Erde zu den großen Flüchtlingsbewegungen – all diese Probleme sind über nationales Denken nicht zu lösen. Darauf braucht es globale Antworten. Man muss immer wieder Position beziehen und die Argumente der Rechten entkräften.
Backnang (Helferhaus: 13.9.–4.10.20)
Heilbronn (Zigarre: November 20)
Ulm (Stadthaus, Pfingsten 2021 zum Festival contre le racisme).
Termine können sich aufgrund der Corona-Krise ändern.
www.otto-beer.de
Viele NaturFreunde haben ein sehr politisches Kulturverständnis. Warum ist das deiner Meinung nach so?
Wir kommen ja aus aus der Arbeiterbewegung und da ging es doch immer auch darum, dem „kleinen Mann“ sowohl politische als auch kulturelle Möglichkeiten zu eröffnen. Genauso ist unser Tourismus mit den selbst organisierten Fahrten und den eigenen Naturfreundehäusern ja immer auch ein politischer Tourismus. Unsere Wurzeln liegen im politischen Bereich und das hat heute noch seine Wirkung, wenn auch regional sicherlich sehr unterschiedlich.
Vor 40 Jahren hast du mit anderen die Ortsgruppe Ludwigsburg reaktiviert. Spielten dabei auch Kultur und Politik eine Rolle?
Ich war damals gewerkschaftlich sehr aktiv und suchte mit Gleichgesinnten nach einer Plattform, wo man aus linker Sicht etwas bewegen und gleichzeitig Freizeit sinnvoll gestalten konnte. Über Kollegen kamen wir auf die NaturFreunde, wurden vom Landesverband geprüft und haben dann ein wirklich gutes Programm gemacht.
Zum Beispiel?
Sehr viele politische Veranstaltungen, natürlich mit antifaschistischen Themen, aber es ging auch um die Ökobewegung, die damals gerade im Entstehen war, und die Friedensbewegung und die Anti-Atomkraft-Bewegung. Wir haben Podiumsdiskussion gemacht, ganze Veranstaltungsreihen, zum Beispiel zum Bergarbeiterstreik in England oder der Apartheid in Südafrika. Uns war wichtig, dass wir ein kulturelles Angebot hatten. Und gleichzeitig haben wir tolle Freizeitveranstaltungen gemacht, viele Wanderungen, Bergtouren, Skiausfahrten. Immer im Kreis von Gleichgesinnten, das war sehr gut.
Du arbeitest mit einem natürlichen Werkstoff. Hat dich das Holz etwas für das Leben gelehrt?
Da gibt es Parallelen, ja. Meine Hölzer haben unterschiedliche Färbungen, unterschiedliche Rinden, unterschiedliche Härten. Die sind perfekt oder nicht perfekt – meistens nicht perfekt – und haben morsche Stellen. Die lasse ich alle, weil ich denke, da erzählt das Holz schon eine Geschichte. Das gibt es beim Menschen auch. Es sind ja gerade die Ecken und Kanten und die morschen Stellen und die Beschädigungen im Lauf unseres Lebens, die uns interessant machen. Diese Vielfalt gibt es im Holz und bei den Menschen.
Interview Samuel Lehmberg